Nicht schön

Am Wochenende traf ich eine Kindergarten Bekanntschaft. Unsere vier Kids sind fast gleich alt, wir tauschten uns ein bisschen aus. „Ja es ist echt anstrengend, aber doch schön.“, sagt sie.  „Nein, finde ich nicht. Nicht immer.„ Ich erzähle ihr von einer Phase, in der mich das Mutterdasein depressiv gemacht hat. Verwundert starrt sie mich an. „Wow, wie ehrlich du damit umgehst. Das machen nicht viele. Voll gut.“

Keine zwei Stunden später führe ich ein ähnliches Gespräch, mit einer Mutter, deren Töchter schon erwachsen sind und gerade studieren. Auch sie reagiert überrascht, als ich beschreibe wie mich das erste Jahr zu viert, an meine Grenzen gebracht hat. Vier Menschen unter einem Dach. Jeder hat andere Bedürfnisse, Wünsche, Themen und Gefühle. Das kann nicht immer schön sein. Manchmal ist es nicht nur „nicht schön“, sondern hässlich. Wieso wird darüber nicht geredet?

Vor einer Woche hatte ich so einen hässlichen Tag. Als ich gegen 08:30 meinen großen im Kindergarten ablieferte,  war ich bereits am Ende meiner mentalen Kräfte. Tränen, Schreie, Wutausbrüche. Ein Morgen voller Kämpfe und Streit. Ich war bereits erschöpft von der dritten beschissenen Nacht und dann folgte dieser Morgen. Am Nachmittag verbrachten wir zwei schöne Stunden auf dem Spielplatz und dann setze sich der Morgen fort. Gegen 18 Uhr hielt ich meine weinenden Jungen im Arm und bestätige seine Worte „so ein scheiß Tag“.

Ich erinnere mich an den Anfang dieses Jahres. Aus hässlichen Tagen, wurden hässliche Wochen. Ich wollte nicht mehr Mutter sein. Alles in mir schrie nach Pause und manchmal nach Kündigung. Meine „dunkle Wolke“ schwebte über mir. Eine liebevolle Beschreibung, für einen äußerst düsteren Zustand. Zu dieser Zeit klebte Paul ununterbrochen an mir. Mein Baby brauchte mehr von mir, als ich ertragen konnte und nicht nur er. Noah, mein Großer brauchte mich, mein Andi tat es. Die Tage waren anstrengend, die Nächte waren es. Es dauerte bis die Wolke sich verzog.

Familie hat mich überfordert. Meine zwei Jungs, meine Ehe, der Haushalt, der Alltag. Es ist immer noch viel und das wird es auch bleiben. Mal mehr, mal weniger. Und das ist okay. Ich liebe es Mama zu sein, von ganzem Herzen. Und manchmal möchte ich flüchten. Beides ist okay. Kinder zu haben ist wunderschön und manchmal eben nicht. So erlebe ich es. Jeder hat natürlich seine eigene Realität. Was ich nicht verstehe ist das Schönreden und das Kleinreden – „Ach, das ist nur ne Phase!“. Sicher, ist es oft nur ein vorübergehender Zustand. Aber ein wiederkehrender und den muss man aushalten. Hinter jeder zarten, bedürftigen Kinderseele stehen Eltern, die sie begleiten und (aus)halten. Das macht schon was mit einem. Darüber ungefiltert zu reden, darf kein Tabu sein. Schweigen kann sehr ungesund sein. Also bitte nur Friede Freude Eierkuchen, wenn´s auch wirklich Eierkuchen gibt.


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